Jahreshauptversammlung des Berchtesgadener Vereins Pamir-Hilfe am 15. Juni 2024:
»Die Projekte werden nicht weniger, sondern mehr«
Hilfsprojekte in Tadschikistan und Kirgisistan: Schulsanierung, Sporthallenbau, Seilbrücke und Wasserkraftwerk
Schönau am Königssee – Vieles ist geschafft, doch noch viel mehr gibt es für den Berchtesgadener Verein Pamir-Hilfe in Tadschikistan und Kirgisistan zu tun. Mit jeder Reise nach Zentralasien erhöht sich nämlich die Zahl der Projekte, wie 1. Vorsitzender Peter Bondes jetzt auf der Jahreshauptversammlung in Schönau am Königssee berichtete. Künftig unterstützt man in der Hauptstadt Dushanbe die Behandlung von Schmetterlings- und Ichthyosekindern (Fischschuppenkrankheit), in Basid den Bau einer Seilbrücke über den Fluss Bartang, die Renovierung der Schulklassenzimmer und die Sanierung des Wasserkraftwerks, darüber hinaus in Kirgisistan den Bau einer Kinderheim-Sporthalle und die Früherkennung von Fuchs- und Hundebandwurmfällen.
Froh ist man erst einmal, dass die politischen Verhältnisse in Tadschikistan den Hilfsorganisationen im Land jetzt wieder freie Hand lassen. »Wir können dort jetzt wieder mehr tun«, sagte Peter Bondes, der mit seiner Frau Gisela (Vereinskassierin) und weiteren vier Mitgliedern erst im Mai wieder aus Zentralasien zurückgekommen war. In seinem Vorstandsbericht zählte er erst einmal die Projekte auf, die der Verein in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzt hatte: das Hühnerprojekt, mit dem mehrere Familien ein Einkommen erzielen können, das Marmeladenprojekt, zu dem der Berchtesgadener Verein ebenfalls eine Anschubfi-nanzierung gegeben hatte, das Betonsteinprojekt, das Gewächshaus und die Dorfkneipe. Vor allem aber ist man stolz darauf, dass Krankenhaus und Kindergarten, beide aus Vereinsmitteln neu errichtet, sehr gut laufen.
Nicht so richtig weitergekommen ist man bislang mit der Errichtung einer dauerhaften Wasserversorgung. Die bestehenden Wasserleitungen sind bei einer Überflutung vor zwei Jahren verdrückt worden und mittlerweile stark verschmutzt, eine vier Kilometer entfernte nutzbare Quelle ist wegen des schwierigen Geländes kaum erreichbar.
Meist defekt ist die im Wasserkraftwerk installierte Turbine, weshalb auch hier Handlungsbedarf besteht. Der Verein Pamir-Hilfe will sich an der Finanzierung einer neuen Turbine beteiligen, die Weltbank will einen neuen Zulaufkanal bezahlen. Bei dem Gesamtprojekt rechnet man mit Kosten bis zu 180000 Euro, wozu der Verein bis zu 35000 Euro beisteuern will.
Ein wichtiges Projekt ist der Bau einer Seilbrücke über den Bartang. Mit ihr soll sich der Schulweg für die in einem Weiler oberhalb von Basid wohnenden Kinder von neun auf drei Kilometer reduzieren. Eigentlich wollte man hier eine einfache Flying Fox, also eine Stahlseilrutsche, installieren. Die Pläne für die Fundamente waren bereits fertig, doch mittlerweile haben die Einheimischen auf eigene Faust bereits Fundamente für eine richtige Brücke gebaut. »Wir wissen noch nicht, wie teuer das Ganze wird und wie es dann zu finanzieren ist«, sagte Peter Bondes.
Wichtig ist auch die Sanierung der Schulräume und der Mensa, in die es sogar hineinregnet. Nach und nach sollen die Klassenzimmer saniert werden. Investiert werden muss darüber hinaus in die baufällige Turnhalle, in der die Einheimischen gerne ihren Hobbys Volleyball und Bingen frönen.
Zusammen mit verschiedenen Dermatologen des Landes will man außerdem ein Projekt fördern, das Schmetterlingskinder (Epidermolysis) und Kinder mit der sogenannten Fischschuppenkrankheit (Ichthyosis), beides genetische Erbkrankheiten, unterstützen soll. In der dermatologischen Klinik pushanbe will man einige Zimmer umbauen, außerdem werden Unmengen an Verbandsmaterial benötigt. Wenn der Verein ein Viertel der notwendigen Summe finanziert, könnte die »Sternstunden«-Aktion des Bayerischen Rundfunks die restlichen drei Viertel übernehmen.
Auch in Kirgisistan, wo der Verein seit zwei Jahren ebenfalls tätig ist, überzeugten sich die Vereinsmitglieder auf ihrer Reise vom Fortschritt der Projekte. Für das Kinderheim in Gulcha, das 160 Kinder beherbergt, hatte man im letzten Jahr eine Wasserbohrung finanziert. Außerdem bezahlte man den Einbau von neuen Waschbecken, Duschen und Waschmaschinen. Weil die Kinder im Winter nicht ins Freie können, will der Verein sich künftig auch am Bau einer Turnhalle beteiligen. In Kirgisistan forciert man darüber hinaus ein Projekt zur Früherkennung von Fuchs-und Hundebandwurmfällen. Dafür besorgt man zwei gebrauchte tragbare Ultraschallgeräte und bildet Personal aus, das an Schulen das Screening durchführen kann. »Alles in allem kann man sagen, dass unsere Projekte nicht weniger, sondern mehr werden«, bilanzierte Peter Bondes, den die Vereinsmitglieder schließlich einstimmig entlasteten.
Dem Bericht von Kassierin Gisela Bondes war zu entnehmen, dass »die Kasse immer genauso schnell leer wird, wie sie zuvor voll geworden ist«. Aber die Gelder sind in Tadschikistan und Kirgisistan immerhin gut angelegt. Das sah auch Sepp-Graßl, der die Kasse zusammen mit Dorothee Schiegnitz geprüft hatte, so, weshalb er die Entlastung der Kassierin beantragte. Auch hier gab es keine Gegenstimme.
Die Hauptversammlung klang mit dem Genuss tadschikischer Speisen und einem Bildervortrag von Peter und Gisela Bondes über ihren jüngsten Besuch in Zentralasien aus. Schnell wurde deutlich, dass Tadschikistan und seine Nachbarländer Kirgisistan und Usbekistan auch touristisch sehr viel zu bieten haben. Man genoss den Kulturreichtum der Oasenstädte Xiva, Buchara und Samarkand, bestaunte die grandiosen Landschaften des Pamir-Alay-Gebirges, erblickte aus der Ferne die Siebentausender Pik Lenin und Muztagh Ata, erlernte mithilfe der kirgisischen Freunde den Aufbau einer Jurte, unternahm einen Beitausflug auf eine kirgisische Sommerweide und genoss die bis zu 45 Grad heißen Quellen des Pamirs. Beim Heimflug aus Bishkek trugen dann alle die traditionellen kirgisischen Westen, mit denen die Freunde in Osh den Berchtesgadenern zum Abschied noch eine Freude bereitet hatten.
Ulli Kastner
Fotos: Gisela und Peter Bondes